Impuls für die Woche 29.03.2023

Wenn ich euch bitte alles aufzuzählen, was ihr in eurem Leben liebt, was käme da? Bei mir käme ich selbst, meine Kinder, meine Partnerin und ihre Kinder, unsere Hunde, Serien und Filme im Heimkino schauen, berufliche Möglichkeiten und Freiheiten in all der Eingeschränktheit, die der Beruf so mit sich bringt, wären ein paar Dinge. Und bei euch? Wie lange dauert es, bis in eurer Aufzählung ihr selbst kommt? Kommt ihr überhaupt vor? Wie ist das mit der Selbstliebe im eigenen Leben? Tut ihr euch damit schwer?
Werfen wir einen Blick zurück. Sport in der 6. Klasse. Turnen in der sechsten Klasse. Es ist Ewigkeiten her, aber ich weiß noch genau, wie es sich angefühlt hat beim Fußball. Zwei Schüler, vom Lehrer auserwählt, bilden zwei Mannschaften. Abwechselnd rufen sie einen aus der Klasse auf. Die beiden Mannschaften werden immer größer. Und der Rest der Nichtgewählten immer kleiner. Wir Elfjährigen hüpfen und rufen und wedeln mit den Armen, um auf uns aufmerksam zu machen. Auch ich rufe: Hier, nimm mich. Jetzt sind wir nur noch zu sechst. Langsam wird es peinlich. Da kommt der erlösende Ruf: Michael! Endlich bin ich angenommen. Endlich gehöre ich dazu. Ich weiß ja, dass mein Fußballspielen nicht unbedingt zum Erfolg meiner Mannschaft beiträgt. Aber das Gefühl, nicht genommen zu werden, zurückzubleiben tut weh. Und dass andere mir vorgezogen werden, ärgert mich. Aber dann beginnt das Spiel und die Aufregung ist vergessen.

Vor ein paar Tagen hat die bayrische Landessynode die Wahl zum neuen Landesbischof zur neuen Landesbischöfin ergebnislos abgebrochen. Ein Pressevertreter sagte hinterher: diese vier Kandidierenden sind alle von der Synode nicht gewollt worden, abgelehnt worden. Eine harte Wahrheit, die man auch in schönere Worte fassen kann und das auch tut. Keiner wurde angenommen von der Synode. Immer wieder stellt sich im Leben die Frage, bin ich angenommen, werde ich angenommen? Bei Bewerbungen um einen Studien- oder Ausbildungsplatz. Bei der Suche nach einem Arbeitsplatz. Bei der Frage nach einem Partner, einer Partnerin.

Was das mit Selbstliebe zu tun hat? Jede Menge. Ein starkes Selbstwertgefühl hilft, gut leben zu können. Und besonders auch, um schwierige Situationen und Krisen gut zu überstehen. Die äußeren Umstände können mich dabei unterstützen. Sie können aber auch ganz schön an meinem Selbstwertgefühl kratzen. „Die meisten Probleme entstehen dadurch, dass wir uns nicht selber lieben. Der Mangel an Selbstliebe behindert uns im Kontakt mit uns selber und mit anderen.“ Das stellt eine Psychotherapeutin fest…Und formuliert damit eine Variante von Kleinsein. Ich mache mich selber klein. Ich stelle mich in den Schatten, ich traue nicht meiner inneren Größe, zu der ich als Mensch berufen bin. Es ist ja nicht so einfach, sich selbst zu lieben. In den Spiegel zu schauen und mir selbst zu sagen: Ich liebe Dich.

Charlie Chaplin hat wahrscheinlich auch lange gebraucht, bis er sich das sagen konnte. Die Eltern arbeiten in London am Theater – und trennen sich kurz nach seiner Geburt. Charles lebt mit seinem Bruder bei der Mutter. Aber die Mutter hat schwere psychische Probleme. Und der Vater trinkt und zahlt keinen Unterhalt. Am Ende muss die Mutter in eine psychiatrische Einrichtung. Der Vater stirbt an den Folgen seiner Alkoholsucht, als Chaplin zwölf ist. Ihm und seinem Bruder bleiben nur das Waisenhaus. Dann treibt er sich auf der Straße herum, landet buchstäblich in der Gosse. Nach seinem Tod taucht ein Text auf, den Charlie an seinem 70. Geburtstag vorgetragen haben soll. Heute weiß man, eine Frau hat ihn geschrieben viele Jahre nach seinem Tod. Er klingt wie ein Resümee seiner Lebensphilosophie. Darum haben wahrscheinlich seine Fans ihm diesen Text zugschrieben.

„Als ich mich selbst zu lieben begann…“ – so beginnen alle Abschnitte. Es lohnt sich, diesen Text zu lesen. Auf alle Fälle sage ich: Ich bin gut zu mir. Ich liebe mich. Gott tut es auch. Das erleben wir in den Schritten der Karwoche kommende Woche.
Für diese Woche wünsche ich euch: habt Zuversicht und bleibst gesund. Nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.