Gott schuf sie als Mann und Frau. So erzählt es die Bibel. Da steht jedoch nichts von: er schuf den Mann als übergeordnetes Wesen und die Frau als untergeordnetes. Und doch haben wir keine bessere Gesellschaftsform gefunden und gebaut als genau dieses. Wir tragen Gleichberechtigung vor uns her, doch unsere Gesellschaft basiert nach wie vor darauf, dass Frauen schlechter gestellt sind als Männer. Sie bekommen Kinder und gehen dafür aus dem Berufsleben. Der Einstieg danach gelingt nur schwierig. Erst kürzlich hat mir jemand erzählt: „Eigentlich unterrichte ich an dieser Schule. Doch durch meine Schwangerschaft ist mein Platz weg, weil er nicht frei gehalten wurde. Lehrermangel scheint es doch nicht zu geben.“ Und wir nehmen das einfach so hin.
Die Autorin Sarah Diel hat recht, wenn sie sagt, dass Arbeitgeber nur deshalb 40 Stunden Zugriff auf Männer als Arbeitnehmer haben, weil die Frau zu Hause bleibt und sich um Kinder und Haushalt kümmert. Unbezahlt. Die Mutter als unbezahltes Dienstmädchen, um das mal provokativ zu sagen. Und auch dabei gilt: wenn das jemand freiwillig als Lebensmodell wählt, alles in Ordnung. Wenn Menschen ihr Leben lang auf ein Gehalt verzichten und beide halb arbeiten, dann ist das in Ordnung. Wenn es jedoch im System begründet liegt, und das tut es für viele, dann ist es ein strukturelles Problem. Dann herrscht keine Gleichberechtigung, dann herrscht oft keine Wahl.
Das ist das eine. Das andere ist viel subtiler. Denn es ist leider wahr, Recht haben und Recht bekommen, das sind zwei völlig verschiedene Dinge. Nun redet es sich leicht, wenn natürlich sind das auch hochkomplexe Dinge, die sich kaum von heute auf morgen ändern lassen.
Die Problematik beginnt ja schon mit der Geburt. Jeder muss die Möglichkeit haben nach seinem Wertesystem zu leben, ohne dafür schief angeschaut zu werden. Ohne dafür komische Blicke zu ernten, ohne dafür dumme Kommentare zu ernten. Es gibt auch zahlreiche Erwiderungen, die man online zu Hauf nach lesen kann. Die will und werde ich hier sicher nicht wiederholen.
Wir alle leben in Machtgefällen, immer wieder. Mal sind wir die Starken, die mächtigen, mal die Schwachen. Mal sind wir die, auf die andere angewiesen sind, mal sind wir auf andere angewiesen, dass sie sorgsam mit der ihnen anvertrauten Macht umgehen.
Es beginnt nach der Geburt. In was für eine Atmosphäre wachsen wir auf, was spüren wir an Schwingungen? In Kindergarten und Schule geht es weiter. Was für ein Bild von menschlichem Miteinander wird uns vermittelt? Respektvoller Umgang, oder dass es in Ordnung ist, wenn ich einem unterlegenen einen reinhaue? Werden mir Möglichkeiten vermittelt, wie ich mit Wut umgehen? Lerne ich respektvolles Verhalten meinem Partner/meiner Partnerin gegenüber oder lerne ich, dass Männer mehr wert sind, stärker sind, mehr können als Frauen? Ich kenne Männer, die sind der Meinung, dass Frauen technisch nichts drauf haben und erklären deshalb deren Schwiegersöhnen die nötigen Dinge statt ihrer Tochter. Was bekommen wir von klein auf mit? Die Debatte um Gleichheit und Gleichberechtigung beginnt in Elternhaus, Kindergarten und Schule. Das Stichwort lautet Inklusion. Solange wir damit nicht ernst machen, so lange werden wir das Problem nicht vom Tisch bekommen. Solange sich Menschen nicht dafür einsetzen, dass andere in Freiheit leben können, werden Gleichberechtigung und Gleichheit Schlagworte in irgendwelchen Grundsätzen bleiben. Doch sie müssen mit Leben gefüllt werden. Das Rechtssystem ist machtlos gegenüber Gewalt, die im verborgenen stattfindet, weil es dafür selten Beweise gibt. Politik und Gesellschaft aber haben Macht. Deshalb dürfen wir das auch nicht dem Rechtssystem überlassen. Wir müssen als Gesellschaft Mittel und Wege finden. Und die haben ihre Wurzeln in starken Charakteren, die von klein auf gelernt haben zu sagen: ich will das nicht. Geh mir aus dem Weg, lass mich raus. Und denen im Missbrauchsfall Glauben geschenkt wird. Dann entsteht nach und nach eine Atmosphäre in der der Täter*innen es sich zweimal überlegen, ob sie ihre Macht missbrauchen und Opfer gar nicht erst zu Opfern werden müssen. Der Weg dahin ist weit. Je früher wir ihn anfangen zu gehen, desto früher werden wir ein Ziel erreicht haben.
Für diese Woche wünsche ich euch, Habts Zuversicht und bleibts gsund, nur diese Woche. Für die kommende sorgen wir später.